Einordnung unserer Anbauweise unter gärtnerischen, ökologischen und sozialen Aspekten
von Isabelle Hoffmann, Natalie Pauls
Folgende Aufzählungen und Erläuterungen dienen der Einblicknahme in die Anbauweise unserer vielfältigen und bunten Gemüse- und Kräuterkulturen sowie der personellen und bildenden Umrahmung. Es soll die tiefere Auseinandersetzung mit einem umfänglichen Wirken, der Verantwortung gegenüber Mensch und Natur sowie den Wert von regional und saisonal erzeugten Lebensmittel untermalen und anregen.
Gärtnerische Anbauweise und Erzeugung des Gemüse‘s am Hof zur bunten Kuh
- Wir verwenden für die Aussaat unserer Pflanzen ausschließlich samenfesten Sorten. Diese beziehen wir in erster Linie von professionell und biologisch wirtschaftenden Saatgutbetrieben wie beispielsweise von der Bingenheimer Saatgut AG, der Sativa Rheinau AG und REINSAAT KG. Unserer Auffassung nach, ist die natürliche und nachbaufähige Pflanzenzüchtung ein Schritt in die richtige Zukunft. Diese findet auf den Äckern, Gärten und Gewächshäusern dieser Welt satt und nicht in von der Umwelt isolierten biotechnologischen Laboratorien. Samenfestes Saatgut bedeutet, es ist nachbaufähig. Es ist also möglich dies vor Ort selbst weiterzuvermehren und auch weiterzuzüchten. Dieses Kriterium verschafft einen Raum von Unabhängigkeit aber auch vom Gedeihen starker Pflanzen, die an die gegebenen örtlichen und natürlichen Umweltbedingungen angepasst sind. Die Verwendung von Hybridsorten findet bei uns nicht statt. Insgesamt stellt das Thema Saatgut ein sehr komplexes dar und daher möchten wir es hier nur sehr oberflächlich anreißen. Wer sich näher dazu interessiert und damit beschäftigten möchte, dem oder der sei ein aufschlussreiches und empfehlenswertes Buch von Anja Banzhaf mit dem Titel „Wer die Saat hat, hat das Sagen“, nahegelegt.
- Viele unserer Kulturen müssen in geschütztem Rahmen als Jungpflanze angezogen werden. Dabei findet hauptsächlich die eigene Jungpflanzenanzucht bei uns vor Ort statt (ca. 95 %). Unsere Anzuchtinfrastruktur wird kontinuierlich angepasst und hält noch einige Optimierungen bereit. Trotzdem können wir breits mit den vorhandenen einfachen Mitteln zufriedenstellende Ergebnisse erzielen. Alle nicht bei uns selbst produzierten Jungpflanzen beziehen wir von dem nächstgelegenen größeren Jungpflanzenproduzenten Watzkendorf in Brandenburg. Diese wiederrum finden durch die Kooperation mit anderen lokalen Solawi‘s und Biohöfen den Weg zu uns.
- Alles beginnt beim Boden. Er ist nebem dem Menschen der wichtigste Produktionsfaktor. Ihn gilt es gesund, intakt und lebendig zu halten. Aus diesem Grund arbeiten wir auf unseren Beeten mit weitgefassten Fruchtfolgen, Mulchwirtschaft (aus Grünschnitt, Stroh und Laub) sowie regelmäßiger Gründüngung und damit temporär brachliegenden Beetabschnitten. Alle diese Maßnahmen fördern den Erhalt der Bodenfruchtbarkeit. Das Abdecken der Beete mit Mulch beispielsweise, deckt die obere Bodenschicht ab und schützt diese vor dem intensiven Sonnenlicht. Dies verhindert außerdem Erosionen (von Wind und Wasser) und schnelle Verdunstung und Austrocknung des oberen Bodenlebens.
- Wir setzen auf sanften und rein biologischen Pflanzenschutz. Vorbeugend zur Behandlung von kranken Pflanzen oder von invasiv schädigenden Insekten versuchen wir – wann immer es möglich und praktikabel ist – durch einen Mischkulturenanbau ausgleichende Wechselspiele zu erzeugen. Manchmal ist das nicht möglich oder reicht alleine nicht aus. Darum verwenden wir zur Stärkung der Kulturpflanzen verschiedene Pflanzenbrühen, Jauchen aus Brennessel, Rainfarn oder Beinwell sowie Spitzungen von Effektiven Mikroorganismen. Wenn alles nichts hilft, verwenden wir einen Auszug aus der Neempflanze.
- Saisonalität, Regionalität und Frische bedeuten, dass die Kulturen äußerst zeitnah geerntet werden können. Sie haben keinen langen Trasportweg vor sich. Genau aus diesem Grund können wir betonen, dass – abgesehen von Lagerkulturen – all unsere Gemüse- und Kräuterlieferungen an dem jeweiligen Verteiltag (oder maximal einen Tag vorher) geernten werden. Die logische Konsequenz daraus ist, dass hier die Erhaltung von Nährwert und Geschmack im besonderen Maße gegeben ist.
- Auf unseren Beeten wachsen über die gesamte Wachstumsphase hinweg über 45 Gemüsearten sowie weitere unzählige Kräuterkulturen. Darunter findet bei einigen Kulturen ein breites Sprektrum an einzelnen Sorten Anwendung. Schätzungsweise liegen die Sorten zahlenmäßig insgesamt bei über 130 – teils außergewöhnlichen – Raritäten. Schon alleine bei den Tomaten konnten wir über 40 Sorten zählen. Vielfalt an Pflanzen bedeutet auch eine damit einhergehene Vielfalt an Insekten, Schmetteringen und Vögeln. Das stellt einen Beitrag zur Förderung der Biodiversität im ländlichen Raum dar und wir können dies täglich neu beobachten.
- Neben den meist einjährigen Gemüse- und Kräuterkulturen zählen wir jeden Jahr weitere mehrjährige Stauden, Sträucher und Hecken. Sie fügen sich landschaftsgestaltend in das Gesamtbild des Gartens ein, dienen als Rückzugs- und Schutzraum für Tiere und zum Naschen für alle. Auch wurden nach und nach kleinere und größere (Obst-)bäume gepflanzt, welche besonders in den trockenen Sommern ebenfalls unsere Hingabe und Aufmerksamkeit benötigen. Strukturen in einem Garten sind von elementarer Bedeutung und insgesamt steht den mehrjährigen Pflanzen einer besonderen Beimessung zu. Sie helfen uns bei der Landschafts- und Biotopgestaltung.
- Am Hof zur bunten Kuh werden einige verschiedene Tierarten gehalten. Für den Garten ist das insofern sehr praktisch, dass wir uns ihren Ausscheidungen für unsere Kompostwirtschaft bedienen können. Da fällt einiges an und wir können mit dem eigenen (Mist-)kompost unsere Beete düngen. Alles was zusätzlich benötigt wird, beziehen wir aus biologischer Herkunft. Wir nutzen ausschließlich organische Düngung zur Versorgung der Pflanzen.
- Nicht nur weil es Freude macht, sondern auch viele andere Vorteile mit sich bringt arbeiten wir täglich und überwiegend in händischen Abläufen mit effektiven und präzisen Werkzeugen und Kleingeräten. Wo es geht, versuchen wir den Einsatz von schweren Geräten zu vermeiden und zu reduzieren. Das hält die Belastung durch Lärm und Abgase im Zaum und wirkt einer damit in Verbindung stehenden zunehmenden Bodenverdichtung entgegen. Aufgrund des hohen Lehmanteils im Boden vor Ort, ist dieser für schädliche Verdichtungen sehr stark anfällig.
- Für alle interessierten Ernteteilenden besteht die Möglichkeit zur Mitgestaltung im Hinblick auf unseren Anbau in einem praktikablen Rahmen. Dies kann in Form von praktischer Tätigkeit im Garten, durch Einbringen von durchdachten Ideen oder durch konstruktive Kritikgebung erfolgen. Rückmeldung sind für uns immer wichtig und bringen unser gemeinsames Vorhaben immer ein Stückchen weiter vorwärts.
Bildungsarbeit für ökologisches, nachhaltiges und ganzheitliches Leben und Arbeiten
- Unser GärtnerInnen-Team besteht in der Saison aus vier verantwortungstragenden Personen. Darüberhinaus bilden verschiedene freiwillige Stellen einen entscheidenen Part. Die ein- bzw. eineinhalbjährigen berufsorientierenden Bildungsangebote FÖJ (Freiwilliges ökologische Jahr) und BuFDi (Bundesfreiwilligendienst) können jungen Menschen auf ihrem persönlichen Entwicklungweg unterstützen.
- Abschnitte der insgesamt vierjährigen freien Ausbildung zum oder zur GärtnerIn im Gemüsebau können bei uns durchgeführt werden.
- Außerdem bieten wir längerfristige Praktikas für Schüler oder junge Erwachsene an.
- In regelmäßigen Abständen führen wir vor Ort ein gezieltes Angebot von Lernzeiten, Workshops und Weiterbildung an die Beschäftigten (zum Teil auch an Externe) durch. Dabei stehen nicht nur gärtnerische Aspekte im Vordergrund sondern auch weitere wie: Tierhaltung, Verarbeitung in der Küche durch Einlegen und Fermentieren, Handwerk.
- Wir bieten ein konkretes Bildungsangebot für Kinder. Dieses richtet sich beispielsweise an Schul- oder Kindergartengruppen (weiter Infos dazu (in Kürze) unter dem Button: Lernerlebnis Bauernhof)